Liebe Online-Bestellungen-Gutfinder.
Heute kommt der aufwendige Teil des Letters mal hinten, nicht vorne, weil hier heute eine lange und wahre Geschichte erzählt wird, für die man 5 Minuten Netto-Lesezeit braucht und die Aufmerksamkeitsspanne der Leser ja von Tag zu Tag sinkt und wir ja auch noch Brainpower des Konsumenten im Kaufmirwas-Bereich brauchen.
Also ERSTMAL die News von heute, morgen kommt eh wieder ein neuer Brief, so geht das jetzt 4 Tage, jeden Tag eine Meldung aus der Hanseplatte - soviel Ware hat der Paketbote hier hereingeschleppt, man kann gar nicht mehr den Tresen sehen, zugebaut ist alles mit Musik, Büchern und Hamburgensien.
Also, die Glotzbebbel hier hin:
MUSIK!
MISSES NEXT MATCH
Advanced Analog-/Digital Einschraubung.
Großer Tip des Hauses!
KOBITO (AUDIOLITH)
Rap aus Berlin in besser!
Weil links und trotzdem mit Soul.
LITERATUR!
KERSTIN GRETHER
Sie besitzt das coole Wissen
und schreibt trotzdem gute Romane!
WANDSCHMUCK
DJ DSL WM KALENDER
Danach schreit die Wand des auf Brasilien oder
Argentinien oder Belgien setzenden Menschen.
Also aller, die Ahnung haben.
So, bitte um Orders!
Und jetzt kommt die wahre Geschichte, die mir zugetragen wurde.
Die musste mal raus, der Tonfall ist Romanen von Schriftstellern entnommen, hoho.
Hans E. Platte
Er nun wieder
Es war wie immer. Laut und voll. Ein normaler Freitagabend in der Leopoldstrasse, Ende der Siebziger. Der wirksame Hemmungslöser Alkohol tat zuverlässig seinen Dienst: Das unverhohlene Flirten, die tönenden Gesten, die grellen Witze – die Nacht würde lang werden. Das Wochenende stand auf Start.
Einzige Sorge im Raum: Das Subway hatte Post vom Amt bekommen. Wegen fortgesetzter Verstöße gegen die neuen Verordnungen. Die Lautstärke. Sogar zwei Herren mit Dezibel-Messgeräten waren bereits da gewesen. Das Amt hatte den Laden sowieso am Kieker wegen der bescheuerten Kids, die so gern im Rudeln am Klodeckel riechen. Kein Zweifel, wenn nochmal was passierte, wäre die Lizenz weg.
Georg oder Schorle-Georg, wie ihn seine Freunde wegen seiner Vorliebe für verdünnte Drinks nannten, war Wirt, seitdem er denken konnte. Oder besser gesagt: Seitdem er das Studium vor 15 Jahren ins Leben verlagerte. Er konnte nichts anderes, das Subway war seine Existenz.
Zum Glück lief es. Keiner wusste wieso, aber der Laden war auch heute wieder gerammelt voll. Mindestens die üblichen 500 Leute drin, dazu die vielen, die vor dem Laden auf der Straße dem anderen Geschlecht schöntaten. Einrichtung, DJs, Publikum, die Mädchen, die bedienten – nichts war wirklich besonders. Vielleicht ist das Mittelmaß doch das größte Geheimnis.
Georg waren solche Theorien schnurz. Seine größte intellektuelle Leistung bestand in seinem Plan, die Umwelt über seinen Alkoholkonsum zu täuschen und als allenfalls mäßiger Trinker bekannt zu sein. Schon mal gut für einen Wirt. Er machte sein Ding, auch heute. Der Abend verlief in gerahmter Bahn.
Bis ein Typ gefunden wurde. Tot.
Im Herrenklo zusammengesackt, kein Puls mehr zu spüren. Einer seiner „Augen“, so nannte Georg die unauffälligen sich unters Partyvolk mischenden Securitymänner, hatte ihn gefunden und sofort die Klotür von außen verriegelt.
Georg war sofort klar: Wenn das rauskommt, ist sein Laden dicht. Scheiß-Junkies. Konnten die nicht drüben am Theresienpark ihren Goldenen Schuß setzen? Warum bei ihm? Warum jetzt?
Wieso nicht einfach vor die Tür setzen, fragte der ältere der beiden Abendchefs, als sie backstage zu dritt die Lage erörterten. Das sieht doch jeder, meinte das Auge. Nein, unmöglich, vergiß es, das geht nicht.
Ich kenn da einen, der lässt sicher auch Leichen verschwinden, den könnte ich mal anrufen. Auges Kontakte waren zahlreich, aber so oberflächlich wie seine Seriösität.
Ich weiß, was wir machen. Wir setzen ihn ins Klo vom Pascha. In den Laden gegenüber, die haben es eh nicht drauf. Oft kamen Georg solche brillanten Ideen nicht, aber jetzt kams drauf an.
Wie meinen? Ganz einfach: Rechts und links unterhaken und als Besoffene rüber über die lärmende Straße, runter bei denen aufs Örtchen und ab die Biege.
Vollkommen irre, aber es funktionierte: Die Leopold war so bumsvoll, dass die drei Torkelnden mit dem vollkommenden Hinüberigen in der Mitte niemandem auffielen. Einer rief noch hinterher „Auch Taxis sind Autos!“
So setzten sie den Toten einfach genauso bei der Konkurrenz hin, wie sie ihn bei sich gefunden hatten. Das Türschloß schnell mit nem 2-Euro Stück von außen zugemacht und ab wieder schnell an den heimischen Tresen und den Coup begossen.
Muss ja weitergehen! Wir lassen uns doch nicht von einem verdammten Drogentoten den Laden zumachen! Wäre doch gelacht. Wir doch nicht, wir sind Profis.
Der Abend wurde doch noch richtig, richtig gut. Immer wieder trafen sich die drei Ausgebufften und Stößchen. Die Partymeute um sie rum feierte sich selbst und die Welt.
Und noch einen. Und noch ein Kater Karlo-Lachen: Harhar. Laughing out loud. Soviel Chuzpe muss man haben, hat nicht jeder.
Bis als das Auge vom Pissen hektisch die Treppe hochsprang: Ihr glaubt es nicht! Der Typ ist wieder da! In demselben Klo! Was zum Teufel?
Das kann doch nicht wahr sein - war der gar nicht tot gewesen?
Doch, war er. Die vom Pascha haben nur manchmal auch ganz gute Ideen. Oder einfach die gleichen Probleme, die man lösen muss.
Georg starrte in sein verdünntes Bier. Der DJ legte gerade „I will survive“ auf.